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DIE
ENTSTEHUNG DES ORGANISIERTEN KLEINGARTENWESENS Unter Zuhilfenahme der Publikation "Kleingärten und Kleingärtner im 19. und 20. Jahrhundert" des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde e.V. haben wir einen kurzen geschichtlichen Überblick über die Entstehung eines organisierten Kleingartenwesens in Deutschland erstellt. Die Anfänge Die
Industrialisierung und der sich damit veränderte Charakter der
Arbeit im 19. Jahrhundert führt zu den Ursachen der Entstehung
des organisierten Kleingartenwesens hin. Die Arbeitszeit verlängerte
sich, die Arbeit wurde eintöniger, das Leben der Familie
unterlag einem neuen Diktat der Zeit, an die Stelle der
Kirchturmuhr trat die Fabriksirene. Ärzte, Pädagogen, Politiker, Fabrikherren wiesen in der Öffentlichkeit auf die negativen Folgen der Urbanisierung und Industrialisierung hin und waren bestrebt Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Das Kleingartenwesens hat seine Ursprünge in zwei unabhängig voneinander entstandenen Hauptströmungen. a) Der Leipziger Arzt Dr. Moritz Schreber forderte die Errichtung von Spielplätzen. Diese Idee griff der Leipziger Pädagoge Dr. Ernst Innocenz Hauschild mit der Gründung des ersten "Schrebervereins" auf. Die Schrebervereine verstanden sich vorrangig als Erziehungsvereine, die Gärten entstanden erst später. Parallel entstanden Naturheilvereine, um den Aufenthalt und die Betätigung in der freien Natur zu gewährleisten. Das Anlegen von Gärten vollzog sich bei den Naturheilvereinen auch erst nach Jahrzehnten. b) In der zweiten Hauptrichtung stand der Kleingarten von Anfang an im Mittelpunkt. Das betrifft die Gärten des Deutschen Roten Kreuzes und die Armengärten zum einen und die Gärten der Berliner Laubenkolonisten zum anderen. Fakten zur Schreberbewegung: 28.4.1814 Kappeln an der Schlei (Schleswig-Holstein), Pastor H.F.Chr. Schröder verpachtet 24 Gartenparzellen auf der Pastoratskoppel Groß Scheunenfeld. Vier Vorsteher wachten über die Pachtgeldeinnahmen, die Instandhaltung der Wege und Ordnung in den Gärten. Der erste deutsche Kleingärtnerverein war entstanden. 10.5.1864
Leipzig, Dr. Ernst Innocenz Hauschild (Direktor 4. Bürgerschule)
gründete "Schreberverein" dem bis zum 11.6.1864 45
Mitglieder beitraten, den Vorsitz übernahm Franz Schneider
(Bildhauer). Am Rande des Platzes wurden Beete zur körperlichen Ertüchtigung angelegt, aber die Begeisterung ebbte bald ab, die Eltern übernahmen die "Kinderbeete". Die Beete wurden später eingezäunt und es wurden zierliche Lauben gebaut - die Gärten entstanden. 1870 waren es bereits 100 Gärten. 4.3.1891
Leipzig, Gründung "Der Verband der Leipziger
Schrebervereine" Fakten zur Naturheilbewegung: Die Naturheilbewegung stand auf den fünf Säulen Licht, Luft, Wasser, Bewegung und Ernährung und prägte sich in Sachsen am deutlichsten heraus. Unter vielen geistigen Vorläufern ragte Vinzenz Prießnitz (1799-1851) hervor. Welcher Naturheilverein als erster Kleingärten nutzte ist nicht bekannt. 1822
Ansbach, Gründung des "Verein von Wasserfreunden" als
erster Naturheilverein Zwischen 1880 und 1900 wuchs die Einwohnerzahl Berlins um 750 000 auf 1 900 000, mit den typischen Mietskasernen und Hinterhöfen. Die "Berliner Laubenkolonisten" gehen aus den sogenannten Pflanzern hervor, die den Anbau von Kartoffeln zur Verbesserung der Ernährung und die Baracken zur Verbesserung der Wohnverhältnisse nutzten. In Berlin gab es 1880 ca. 2500 und um 1900 ca. 40 000 Pflanzer.
Während die Berliner Laubenkolonisten auf eine Bewegung von "unten" zurückgehen, waren die Arbeitergärten in Charlottenburg und Berlin eine Gründung von "oben". Geheimrat Alwin Bielefeldt, der Initiator, hatte 1900 auf der Pariser Weltausstellung, die auf Initiative des Abbé Lemire angelegten Arbeitergärten gesehen. Die Arbeitergärten sollten in gleicher Weise wie die Schrebergärten werbewirksam und zugkräftig sein. Zu
jener Zeit wandte sich das Rote Kreuz verstärkt der Sorge für
die Volksgesundheit, besonders der Bekämpfung der Tuberkulose
zu. Neben Volksheilstätten, Fürsorgestellen für Lungenkranke
oder Walderholungsstätten sah man auch Kleingärten als
geeignete Einrichtungen an. 1911 gab es in Deutschland 30 000 Arbeitergärten, wobei Berlin durch das dortige Wirken des "Vaterländischen Frauenvereins" Bedeutung erlang. Den Pächtern standen neben Spielplätzen, Unterkunfts- und Versammlungsräumen, Einkaufgenossenschaften und Büchereien auch Brandkassen, Klinikfreibetten und Sparkassen zur Verfügung. Detaillierte Ordnungsvorschriften und Pachtbedingungen, Selbstverwaltung und sorgfältige Auswahl der Bewerber nach politischen und sozialen Kriterien gehörten dazu. Nicht nur Fabrikherren und Grundbesitzer, auch Institutionen wie die Preußisch-hessische Staatsbahn erkannten den Wert von Kleingartenanlagen und legten planmäßig Kleingartenanlagen an. Die "Eisenbahn-Landwirtschaft" entwickelte sich zu einer selbständigen Einrichtung. 1896
formulierte Theodor Frisch in seinem Buch "Die Stadt der
Zukunft" die Gartenstadt-Idee.
Es nannte die Großstädte ungesunde Auswüchse der Civilisation,
"Wasserköpfe, Pestbeulen und Schweineställe der
Kultur" Kleingartenbewegung zwischen den Weltkriegen Die Zeiten wirtschaftlicher Not und Lebensmittelknappheit stärkte die ernährungspolitische Bedeutung des Kleingartenwesens bei der Möglichkeit der Selbstversorgung. Höhepunkt einer von Notverordnungen gezeichneten Zeit war am 31.7.1919 die Verabschiedung der "Kleingarten- und Kleingartenpachtlandordnung" (KGO), dem Tag der Annahme der Weimarer Verfassung durch die Nationalversammlung. Die KGO verbot die gewerbsmäßige Generalpacht, setzte die Pachtpreise fest und legte die Unkündbarkeit der Pachtverträge fest und wurde auf dem ersten Reichskleingärtnertag, der zu Pfingsten 1921 in Berlin und am 14.8.1921 in Bremen tagte, vollzogen. Dem 1909 gegründetem "Zentralverband deutscher Arbeiter- und Schrebergärten" blieb die "Vereinigung sämtlicher Pflanzervereine Berlins und Umgebung" mit der Begründung fern, dass die Grundrichtung des Zentralverbandes dem demokratischen Wesen der Kleingärtnerbewegung zuwiderlaufe, da für ihn das Protektorat allvermögender Persönlichkeiten charakteristisch sei. Am
20.10.1919 benennt der Vorstand der Berliner Laubenkolonisten
den Verband in "Zentralverband
der Kleingartenvereine Deutschlands"
um. Damit sind alle Voraussetzungen für einen gesamtdeutschen
Verband gegeben. Nach mehreren Anläufen in der internationalen Kleingärtnerbewegung wurde am 3.10.1926 im Cercle zu Luxemburg der internationale Verband "Office International des Jardins ouvriers" von Vertretern aus sieben europäischen Kleingärtnerorganisationen (Belgien, Deutschland, England, Frankreich, Luxemburg, Österreich und der Schweiz) aus der Taufe gehoben. Dieser Verband hatte eine dauernde Verbindung der nationalen Kleingartenverbände sich zur Aufgabe gestellt. Der Kleingärtner steht in der Zeit 1933 bis 1945 zwischen "Blut- und Bodenideologie" und "Erzeugungs- und Ernährungsschlacht". Die Gleichschaltung des "Reichsverbandes der Kleingartenvereine Deutschlands" (RVKD) in eine "ab jetzt gemeinnützlich" tätige Bewegung erfolgte auf dem Reichskleingärtnertag vom 28.-31.7.1933 in Nürnberg mit der Bildung des "Reichsbund der Kleingärtner und Kleinsiedler Deutschlands e.V." am 29.7.1933. Anstelle der bisherigen Vereins- und Verbandsvorsitzenden wurden "Vereinsführer", "Stadtgruppen-, Provinz- und Landesgruppenführer" durch die zuständigen NSDAP-Parteifunktionäre eingesetzt. Den Bürgern jüdischer Herkunft war es spätestens seit 1937 nicht mehr gestattet, einen Kleingarten zu pachten. Nach dem Krieg Der
Zusammenbruch des Dritten Reiches brachte auch die Auflösung
des Reichsbundes deutscher Kleingärtner. Die weiterhin
existierenden Kleingartenvereine entledigten sich ihrer
"Vereinsführer" und begannen, in Anknüpfung an die
Organisationsstrukturen aus der Weimarer Zeit, Vorsitzende bzw.
Vorstände zu wählen. In mehreren Schritten und in Abhängigkeit
von den Zonengebieten wurde am 19.8.1949 der "Verband
deutscher Kleingärtner e.V."
(VDK) für das gesamte Bundesgebiet, einschließlich
West-Berlin, gegründet. Die Umbenennung in "Bundesverband
Deutscher Gartenfreunde e.V."
(BDG) erfolgte auf dem 13. Verbandstag am 23.10.1973 in Hamburg. Ebenso wie in den westlichen Besatzungszonen waren die Kleingärtner in der sowjetischen Besatzungszone bemüht ihre Organisation nach dem Vorbild der Weimarer Republik wieder aufzubauen. Nach vielfachen Bemühungen wurde mit Beginn des Jahres 1949 die "Kleingartenhilfe des FDGB" als Körperschaft des öffentlichen Rechts geschaffen. Am 16. 10.1952 gründeten die Leitungen und gewählten Vertreter einen einheitlichen "Verband der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter, Körperschaft des öffentlichen Rechts". Für die offizielle Gründung war der Verbandstag vom 15.-17.5.1953 in Leipzig vorgesehen. Es setzte sich aber diejenigen durch, die der Meinung waren, dass für den Obst- und Gemüseanbau keine Massenorganisation erforderlich sei. Die
bisherigen Organisationen der "Kleingartenhilfe des
FDGB" und "Sektor Kleingartenzucht in der VdgB"
wurden zu Kreisverbänden
zusammengeschlossen und den Räten
der Kreise unterstellt. Am 7.7.1990 schlossen sich in Berlin-Rummelsburg die auf dem Gebiet der DDR bereits aus dem VKSK herausgegangenen Vereine, Kreis- und Landesverbände zum "Verband der Garten- und Siedlerfreunde" (VGS) zusammen. Mit der Wiederherstellung der Einheit Deutschlands am 3.10.1990 schien die Existenz mehrerer zentraler Kleingärtnerverbände nicht mehr zweckmäßig. Die im VGS organisierten Landesverbände traten dem BDG schrittweise bis zum 1.1.1995 bei. Entscheidend
war die Ausdehnung des Bundeskleingartengesetzes auf die neuen
Bundesländer. Dem Gesetz wurde der §20a beigefügt, der die
vor der Wende abgeschlossenen Pachtverträge, auch hinsichtlich
ihrer Art und des Umfanges ihrer Nutzung sicherte. |